Demokratiebildung

Demokratiebildung

„Politik ist nichts für Kinder und Jugendliche!“, „Das ist doch alles viel zu kompliziert!“, „Kinder sollen erstmal Mathe und Deutsch lernen – später gibt’s dann Gemeinschaftskunde/GRW-Unterricht.“, „Ich fühle mich nicht gut genug ausgebildet, um über Politik zu sprechen.“

Solche und ähnliche Sätze hören wir sehr oft. Sie resultieren oft von einem unzutreffenden Bild von Kindheit und Jugend und von falschen Konzepten der Demokratiebildung. Denn eines ist sicher: Kinder und Jugendliche sind von demokratischen und politischen Strukturen umgeben. „Wo wird ein neuer Spielplatz gebaut? Welche neuen Unterrichtsformen werden in der Schule ausprobiert? Wie oft soll die TRAM X pro Stunde fahren? Wie teuer ist eine Karte für’s Schwimmbad? Was wird für mein Wohlbefinden in meinem Stadtteil getan?“

Im öffentlichen Raum (wie auch im privaten Kreisen) stoßen wir auf die Ergebnisse von Entscheidungen, die auf bestimmten politischen Ebenen getroffen werden. Und wir haben immer die Möglichkeit, auf die ein oder andere Weise, darauf Einfluss zu nehmen.

Um also im großen Feld der Demokratie mitspielen zu können, muss man nicht unbedingt wissen, was die eine Partei von der anderen unterscheidet. Vielmehr ist es wichtig herauszufinden, was ich persönlich brauche, damit es mir in der Gesellschaft gut geht, wie ich mit anderen darüber in Aushandlung treten kann und wer mir dabei hilft, näher an meine Ziele zu kommen.

Methodeninspiration

Die Teilnehmenden kreieren bei dieser Übung ihr eigenes Wahlplakat. Darauf können Sie die Themen zum Ausdruck bringen, die ihnen wichtig sind. In einem „Galerywalk“ werden die Plakate vorgestellt.

Ein Beispiel: https://wtf.slpb.de/wettbewerb/

TN erschaffen ein Wunschmodel ihrer/ihres idealen Stadtteils, Stadt, Schule, Spielplatzes,… und tauschen sich darüber aus.

Mögliche Gestaltungsformen:
– Lego
– Holz- und Bastelmaterial (Modellbau)
– Collage
– Bild und Text

Positionierungsspiele sind ein super Gesprächseinstieg und helfen der Gruppe, sich besser einzuschätzen. Beim klassischen “Eckenspiel” oder “Standogramm” positionieren sich die Teilnehmenden zu einer Fragestellung an einer bestimmten Stelle im Raum. Die Moderation hat hier die Aufgabe, die einzelnen Positionen zu “befragen” (Warum stehst du hier? Wie geht es dir damit?…), um ein tieferes Bewusstsein zu schaffen.

Gemeckert wird viel, aber selten gibt es Räume dafür und manchmal muss es einfach raus. Gebt Eurer Gruppe die Gelegenheit, sich über alles zu beschweren, was sie nervt. Gebt ihnen dafür einen Platz: eine Meckerwand, einen gemalten Mishaufen, etc. und lasst sie es im Nachgang (wenn ihr wollt) vernichten. Vereinbart vorher unbedingt Regeln (z.B. auch sich widersprechende Positionen haben ihren Platz, alles (demokratische) darf aufgeschrieben werden, keine Beleidigungen oder Nennung von Namen,…

Die TN sind in zwei Gruppen aufgeteilt. Sie stehen in einem inneren Kreis und einem äußeren Kreis. Es stehen sich also immer zwei TN gegenüber.
Die Personen im inneren Kreis rutschen nach jeweils zwei Minuten einen Platz weiter. Alle Teilnehmenden aus dem inneren Kreis sprechen einmal mit allen Teilnehmenden aus dem äußeren Kreis.
Im Raum werden verschiedene Aussagen angebracht, über diese diskutiert wird.

Beispielaussagen:
Es ist wichtig, dass viele Menschen wählen gehen. Mit meiner Stimme kann ich die Gesellschaft mitgestalten. Wenn ich nicht wählen gehe, darf ich danach auch nicht meckern. Es macht keinen Unterschied, wen man wählt.

Häufige Fragen

Das sogenannte „Neutralitätsgebot“ ist ein Gespenst, was durch viele Köpfe innerhalb der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit geistert. Es wird oft ins Feld geführt, um den Einsatz für demokratische und vielfaltssensible Werte zu erschweren. Es wird oft mit dem „Beutelsbacher Konsens“ argumentiert. Dieser ist aber anders zu verstehen als er oft genutzt wird: 

Das Überwältigungsgebot soll Heranwachsende davor schützen, dass Erwachsene in Machtpositionen (wie zum Beispiel Lehrer*innen, oder Menschen mit großer Vorbildwirkung) ihnen Meinungen aufdrängen und bei Nichtbefolgen mit Strafen drohen. Kinder sollen vielmehr begleitet werden, selbständig ihre Meinung zu finden und zu dieser zu stehen.

Das Kontroversitätsgebot besagt, dass innerhalb der Bildungsarbeit Widersprüche und kontrovers gegenüberstehende Meinungen in irgendeiner Weise repräsentiert werden müssen. Dabei geht es aber nicht darum, menschen- und demokratiefeindliche Positionen zu stärken. Diese müssen und dürfen klar als solche benannt werden.

Mit dem dritten Prinzip des Konsenses wird nochmal die Adressat*innenorientierung bekräftigt. Junge Menschen sollen im Prozess der eigenen Meinungsbildung begleitet werden. Ihr Wohl und ihre Perspektive auf die Welt stehen im Vordergrund und sind Ausganspunkt jeder pädagogischen Begleitung.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Es ist nicht verboten, die eigene Meinung zu vertreten und mitzuteilen. Es darf nur nicht in überwältigender Manier geschehen und sie sollte als persönliche Meinung markiert werden. Zudem müssen Haltungen, die unserem Grundgesetz widersprechen, deutlich als Grenzüberschreitungen der Meinungsfreiheit benannt werden.

Weitere Informationen zum Thema gibt es u.a. auf der Seite der AGJF Sachsen.

Niemand ist perfekt. Uns erscheinen die Themen innerhalb des politischen Diskurses besonders heikel, weil sie häufig mit vielen Emotionen ausgefochten werden und Worte auf die Goldwaage gelegt werden. Doch wir sollten uns eines bewust machen: Demokratiebildung ist mehr eine Frage der Haltung als des Wissens. Klar, Wissen ist hilfreich, aber niemand weiß alles. Das darf man auch ganz offen zugeben. In der Demokratiebildung ist es wichtiger, einen Raum zu schaffen, in dem verschiedene Bedürfnisse und Meinungen nebeneinander existieren dürfen. In diesem Raum ist es entscheidedender, das Gegenüber zu verstehen als sofort ein schlagkräftiges Argument parat zu haben. Und in diesem Raum darf man auch mal ratlos sein. Wenn du so eine Runde moderierst und an einen Punkt kommst, wo du nicht mehr weiter weißt, mach das zum Thema und frage die Menschen um dich herum, wie es jetzt weitergehen soll. Schon habt ihr einen demokratischen Lernmoment geschaffen.

Wir alle kennen das, dass wir zu einem oder mehreren Themen eine starke Meinung haben und es schnell passiert, dass wir unser Gegenüber überzeugen möchten. In der Demokratiebildung geht es aber gar nicht um das bessere Argument, sondern um das Begleiten eines Findungsprozesses der ganz eigenen Positionierung.
Wenn Ihr das Gefühl habt, die eigene Position könnte zu gegensetzlich zu der Eures Gegenübers sein, beschränkt Euch in der Begleitung auf das Zuhören und interessierte Fragenstellen. Versucht herauszufinden, warum Euer Gegenüber so denkt, wie es denkt und wie viel dies mit ganz individuellen Lebenserfahrungen zu tun hat. So lasst Ihr genug Raum, dass es nicht zu einem eventuellen Beziehungsabbruch kommt.
Und wenn es doch sehr in Euch rumort, könnt Ihr das auch thematisieren. „Ich merke beim Zuhören, dass es in mir arbeitet und ich mag Dir gern meine Position erzählen. Ich akzeptiere aber, dass Du eine andere Meinung hast.“ (Findet hierfür bitte Eure eigenen Worte, die zu Euch passen 😉 ).

Und auch hier gilt: Menschenfeindliche Positionen sind keine Meinung! Zur Unterscheidung gibt es z.B. bei der Anne-Frank-Siftung oder auch bei der Initiative HateAid mehr Informationen.

Demokratiebildung muss gar nicht mit viel Spektakel und großen Methoden durchgeführt werden. Sie passiert nämlich schon im alltäglichen Miteinander und überall dort, wo Menschen in Beziehung treten. Schon die Frage „Welche Themen beschäftigen Euch gerade?“ ist ein demokratiepädagogisches Element – genauso wie die gemeinsame Aushandlung darüber, ob für den Freizeitraum ein Kickertisch oder lieber eine Playstation angeschafft wird. Es passiert so viel im Kleinen und das darf und sollte auch gewertschätzt werden.

Diese Sektion darf gern weiter wachsen. Schickt uns Eure Fragen an kinderbuero@dksb-leipzig.de